Dieser Beitrag ist die Antwort auf einen Kommentar, den Ela von …aber mit Liebe diese Woche geschrieben hat. Erst wollte ich nur kurz antworten. Dann musste ich lange denken. Um des Pudels Kern sichtbar zu machen.
Ela hat gegen Hochzeiten in rot und creme plädiert und für mehr Kreativität. Meine Zustimmung hat sie – und doch nicht. Denn Hochzeiten rot-weiß können genauso gut und so schlecht sein wie Pommes rot-weiß. Denn es geht nicht um Farben oder Rosen oder Dekoration. Worum geht es dann?
Foto: … aber mit Liebe
Die entscheidende Frage, die wir meist unter den Tisch fallen lassen, hat mir in der vergangenen Woche eine Radio-Reporterin gestellt: Worin liegt der Wert einer individuellen Gestaltung? WARUM sollen Brautpaare es anders machen?
Dahinter steht die allgemeine Frage nach der Aufgabe von Design. Warum überlegen wir uns neue Formen? Sind sie überhaupt notwendig? Warum nutzen wir nicht weiter das, was sich bereits bewährt hat? Gutes Design erfüllt immer eine Funktion, zum Beispiel transportiert es eine Aussage. Ändert sich die Funktion, ist auch ein neues Design notwendig. Kurz: Form folgt Funktion.
Wir heiraten aus anderen Gründen als damals
Die Funktion von Hochzeiten hat sich verändert. Vor 100 Jahren war die Ehe eine Versorgungseinrichtung, die Hochzeit der öffentliche Vertrag zwischen zwei Menschen: Der eine verspricht Nachkommen, der andere Auskommen. Bis dass der Tod sie scheide. Hochzeitstraditionen von damals verkörperten entsprechend die Hoffnungen auf Wohlstand und Fruchtbarkeit. Die Rose zum Beispiel symbolisiert Zurückhaltung und tugendhafte Liebe. Welche Aussage das über die Rolle der Frau in der Ehe trifft, darf sich jeder selbst erschließen. Heute muss keiner mehr aus diesen Gründen heiraten. Wir feiern Hochzeit, weil wir Lust dazu haben. Wir stehen zu unserem Wunsch nach dauerhafter Liebe und einer langfristigen Partnerschaft. Unsere Hochzeiten sind Ausdruck einer individuellen Lebensentscheidung. Trotzdem weiterhin die alten Gestaltungsformen zu benutzen ist, als zöge man ein altes Kleid an, nur weil man es zufällig im Schrank findet. Man stülpt es sich über und stellt fest, dass es an Oma damals irgendwie besser ausgesehen hat.
Weil jedes Paar auf das Warum seiner Hochzeit eine andere Antwort gibt, unterschiedliche Werte betont, verschiedene Ziele verfolgt, kann es heute kein Standard-Design mehr geben. Jedes Paar darf seine eigene individuelle Gestaltungsform finden. Keine Sorge: Das muss nicht immer so verkopft sein wie ich gerade. Vieles kommt aus eurem Herzen, wenn ihr euch traut, darauf zu hören. Es ist das, was euch wirklich wichtig ist, was euch echt bewegt und gefällt. Hört darauf und googelt nicht so viel nach Hochzeitstraditionen.
Viele Paare geben schon jetzt gute Beispiele
Am Schluss muss ich Ela noch einmal Recht geben. Sie schrieb, ihr Plädoyer sei hier vermutlich fehl am Platz. So ist es. Weil der, der dies hier liest, die Frage nach dem Wert einer individuellen Gestaltung für sich längst beantwortet hat. Wer Verrückt nach Hochzeit liest, ist längst auf die Suche gegangen danach, wie man es anders machen kann. Allein diese Seite wird 70.000 mal im Monat aufgerufen. Daneben gibt es viele tolle Blogs, die zeigen, was geht. Das ist großartig und Ansporn, weiter zu suchen nach Paaren, die neue Formen für sich gefunden haben. Und wenn eine Hochzeit darunter ist in rot und weiß, dann freue ich mich.
Wirklich ein toller Bericht!
Herzlichst Juliane